Unangenehme Post aus Straßburg bekommen in Kürze Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner und Außenminister Alexander Schallenberg (alle ÖVP). 37 von insgesamt 705 EU-Abgeordneten haben einen Protestbrief unterzeichnet, der das Russland-Engagement der Raiffeisen Bank International (RBI) in Russland betrifft und dem STANDARD exklusiv vorliegt. Kürzlich wurde bekannt, dass die Wiener Großbank in Russland rund 2000 Jobs ausgeschrieben hat – trotz des Bekenntnisses zum Rückbau.

Protestaktion gegen die RBI und Russland in Wien Ende März.
Protestaktion gegen die RBI und Russland in Wien Ende März.
APA/HERWIG G. HOELLER

"Wir appellieren an Sie", heißt es in dem Schreiben in Richtung Nehammer, Brunner und Schallenberg, "die Raiffeisen Bank International zu ermutigen, ihren Erklärungen Taten folgen zu lassen und ihre Aktivitäten in Russland einstellen." Die Aktivitäten der RBI in Russland "unterstützen die russische Wirtschaft und Haushalt und sorgen für Finanzmittel für die Fortsetzung der militärischen Aggression gegen die Ukraine". Man stelle bedauernd fest, so die Abgeordneten, dass die Ansagen der RBI im Widerspruch zu ihren Handlungen stehen würden. "Trotz wiederholter Erklärungen über die Absicht, ihre Aktivitäten in Russland zu reduzieren und zu verkaufen, ist die Raiffeisen Bank International der westliche Kreditgeber mit den größten Aktivitäten in Russland."

Auch Konservative unterschrieben, Grüne nicht

Initiiert hat das Schreiben Petras Auštrevičius, ein liberaler Abgeordneter aus Litauen. Unterzeichnet haben es unter anderen Mandatare aus Estland, der Slowakei, Rumänien, Tschechien, den Niederlanden und Deutschland. Was die Parteienfamilien betrifft, finden sich nicht nur Liberale, Grüne und Sozialdemokraten unter den Unterzeichnern, sondern auch zahlreiche Mitglieder der Europäischen Volkspartei (EVP) – also jener konservativen Fraktion, zu der auch die ÖVP gehört.

Interessant ist die Frage, welche österreichischen EU-Abgeordneten das Schreiben unterzeichnet haben. Es finden sich drei der fünf SPÖ-Abgeordneten auf der Liste, darunter der aktuelle Delegationsleiter und Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Andreas Schieder, und seine Stellvertreterin Evelyn Regner. Außerdem ist Claudia Gamon dabei, die einzige Neos-Abgeordnete.

Nicht vertreten sind hingegen FPÖ, ÖVP und Grüne – letztere obwohl sie immer wieder scharfe Kritik am RBI-Engagement üben. Das Engagement der RBI in Russland "wird in Europa genau beobachtet", erklärt Schieder. "Das Schreiben ist ein starkes Signal an die österreichische Bundesregierung, aktiv zu werden. Man kann nicht auf der einen Seite im Europäischen Rat für Sanktionspakete stimmen und auf der anderen Seite bei der RBI ein Auge zudrücken." (Joseph Gepp, 25.4.2024)