Spuren der Hamas-Angriffe vom 7. Oktober in Aschkelon.
Spuren der Hamas-Angriffe vom 7. Oktober in der südisraelischen Hafenstadt Aschkelon.
AP/Ohad Zwigenberg

Einer hat den ersten Schritt gesetzt: Fast 200 Tage nach dem Horror des 7. Oktober erklärte der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Aharon Haliva, seinen Rücktritt. Der 56-Jährige hatte bereits zu Kriegsbeginn seine "vollumfängliche" Verantwortung für das Versagen der Geheimdienste im Vorfeld des Massakers gestanden. Dem Vernehmen nach wollte er schon damals zurücktreten, er soll aber gebeten worden sein, erst einmal weiterzumachen.

Wichtiger als der Rücktritt selbst war der Brief, den Haliva zu diesem Anlass verfasst hat. Er appelliert darin ganz klar für eine staatliche Untersuchungskommission zur Affäre. Eine solche wäre auch für ihn unangenehm, sie würde sein persönliches Versagen bis ins Detail durchleuchten und öffentlich machen.

Aus den Fehlern lernen

Haliva hat aber erkannt, wovor andere sich noch scheuen: Die Toten werden zwar nicht mehr lebendig, die Vergewaltigungen nicht rückgängig gemacht werden. Für die Angehörigen und Überlebenden wäre die öffentliche Aufarbeitung aber ein Signal, dass ihr Leid kein bloßer Schicksalsschlag war. Dass es Menschen gibt, die dafür Verantwortung tragen – und diese hoffentlich auch eingestehen. Für künftige Generationen wären die Details, die ans Licht kommen, im besten Fall die Basis, um aus den Fehlern zu lernen.

Haliva war der Erste, weitere müssen folgen. Von Benjamin Netanjahu hat man jedoch bisher nicht einmal den Hauch eines Schuldeingeständnisses gehört. (Maria Sterkl, 22.4.2024)