Haben monatelange Appelle aus Kiew und der EU am Ende doch noch gefruchtet? Sicher darf man sich noch nicht sein. Aber seit Montagabend (Ortszeit) darf die Ukraine wieder auf das lange verzögerte US-Hilfspaket hoffen, das zum Stopp des aktuell laufenden russischen Vormarsches zumindest beitragen könnte. Mike Johnson, der mit Donald Trump eng verbündete Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses, hat bei einer Abgeordnetenklausur angekündigt, ein milliardenschweres Hilfspaket womöglich schon diese Woche zur Abstimmung stellen zu wollen. Bis dringend benötigte Munition und Waffen aber ihren Weg zur Front finden können, sind noch viele Hürden zu nehmen – Stolperfallen inklusive.

Mike Johnson, Sprecher des US-Repräsentantenhauses, will nun doch noch Hilfen für die Ukraine beschließen lassen.
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Johnson nämlich will nach dem monatelangen Tauziehen rund um die Hilfen nun einen besonders komplizierten Weg wählen. Statt ein vom Senat bereits vor Monaten mit Stimmen von Abgeordneten beider Parteien beschlossenes Paket einfach endlich zur Abstimmung zu stellen, will er dem Repräsentantenhaus vier unterschiedliche Hilfspakete vorlegen, die in ihrer Gesamtheit ungefähr den vom Senat beschlossenen Ausgaben entsprechen.

Trump soll stillhalten

Konkret sollen es rund 60 Milliarden Dollar sein, die an die Ukraine gingen (Gesetz Nummer eins), 14 Milliarden für Israel (Gesetz Nummer zwei) und noch nicht genau spezifizierte Mengen für amerikanische Verbündete im Pazifik (Gesetz Nummer drei). Gemeint ist damit vor allem, aber nicht nur: Taiwan. Um Forderungen weit rechts stehender Republikaner entgegenzukommen, soll schließlich Gesetz Nummer vier Vorgaben enthalten, wonach Teile des Geldes als Kredite statt als Hilfen vergeben würden und teils durch den Verkauf konfiszierter russischer Vermögenswerte finanziert werden sollen.

Karnevalisten sahen Donald Trump im Februar als Saboteur der Ukraine. Nun soll er an geplanten Hilfspaketen zumindest nicht zu offene Kritik üben.
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Ob das Vorhaben dem langen und bitteren Gerangel um die Geldausgaben wirklich ein Ende bereiten wird, ist offen. Zahlreiche republikanische Abgeordnete vom rechten Rand der Partei sind vehement gegen die Ukraine-Hilfen. Auch Donald Trump hat immer wieder deutlich gemacht, dass er weitere Hilfen sehr kritisch sieht. Johnson soll ihm aber die Zusage abgerungen haben, sich nun zumindest nicht zu deutlich dagegen zu positionieren.

Ein steiniger Weg

Den Hardlinern, die ihm mit Absetzung drohen, versucht Johnson nun außerdem formell mit der Aufsplittung des Gesetzes in vier Teile und mit dem neuen, vierten Teil entgegenzukommen.

Die Zustimmung weiter Teile der Partei wird jedenfalls nötig sein. Denn um zur Abstimmung zu gelangen, müssen die Gesetze unter anderem das wichtige Rules Committee des Repräsentantenhauses passieren, in dem die Republikaner eine Mehrheit von neun zu vier Stimmen haben.

Danach folgt das Votum im Plenum, für das die Pakete jeweils eine einfache Mehrheit brauchen. Diese müssten zumindest bei den Ukraine-Hilfen teils auch die Demokraten beschaffen, sofern die knappe republikanische Mehrheit von nur zwei Stimmen in der Kammer nicht ausreicht.

Wolodymyr Selenskyj bittet seit Monaten um mehr Hilfen für sein Land. US-Präsident Joe Biden will diese gern liefern, scheiterte bisher aber am Kongress.
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Schließlich ist auch noch offen, ob der Senat mitspielt. Er müsste erneut zustimmen, weil Johnsons neue Gesetze zwar inhaltlich ähnlich, durch die Aufsplittung aber nicht ausreichend gleich sind, dass die Zustimmung zum dort schon beschlossenen Vorhaben als Annahme des neuen Pakets gelten könnte. Dort gibt es Stimmen, die den von Johnson vorgeschlagenen Prozess für zu kompliziert halten – grundsätzlich gilt es aber als möglich, dass das Paket letztlich ausreichend Zustimmung erhält. Dann wäre auch die ebenfalls nötige Unterschrift von US-Präsident Joe Biden wohl eine Formalie. (Manuel Escher, 16.4.2024)