Auf nigerianisches Geld soll man aufpassen – manche offenbar mehr als andere.
Auf nigerianisches Geld soll man aufpassen –manche offenbar mehr als andere.
AP/Sunday Alamba

Die nigerianischen Gefängnisbehörden verbargen erst gar nicht, dass es bei dem Fall gegen die Transfrau Okuneye Idris Olanrewaju um weit mehr geht als Verstöße gegen Bargeldgesetze. Man habe sie "gründlich untersucht", teilten Mitarbeiter mit, es habe keine Anzeichen einer Geschlechtsveränderung gegeben: "Seine biologischen Eigenschaften" seien unverändert, insofern müssten die sechs Monate Haftstrafe, die in der Metropole Lagos von einem Gericht gegen Olanrewaju verhängt worden waren, in einem Männergefängnis verbüßt werden.

Unter dem Künstlernamen Bobrisky hat die 32-jährige Influencerin knapp fünf Millionen Instagram-Follower, was vielen Politikern seit Jahren ein Dorn im Auge war. Vor zwei Jahren scheiterte zwar ein Gesetzentwurf, der "Crossdressing" unter Strafe gestellt hätte, also das Tragen von Kleidung, die nicht den konventionellen Geschlechterrollen entspricht.

Homosexualität verboten

Doch Olanrewaju machte aus ihrer Liebe zu einem Mann kein Geheimnis und beging als biologischer Mann damit eine Straftat in Nigeria, wo Homosexualität verboten ist. Wie in über der Hälfte der afrikanischen Länder.

Verurteilungen sind allerdings trotz gelegentlicher Verhaftungen zumindest im christlich geprägten Süden Nigerias selten. Dafür statuiert man an Olanrewaju nun an anderer Stelle ein Exempel. Sie war dabei gefilmt worden, wie sie bei Feierlichkeiten Geldscheine auf den Boden fallen gelassen hatte. Die Praxis des "Spraying" (Versprühen) ist besonders im Westen Nigerias etwa bei Hochzeiten weitverbreitet – und verboten.

Die Integrität der Währung soll so gewahrt werden, was sich wohlgemerkt nicht gegen die verantwortlichen Politiker richtet, die Nigerias Währung im vergangenen Jahr zur weltweit verlustreichsten nach dem libanesischen Pfund und Argentiniens Peso gemacht haben. Das Gericht sah dagegen für Olanrewaju eine Freiheitsstrafe als unumgänglich an. Die ebenfalls mögliche Option einer Geldstrafe wurde verweigert. "Wir wissen alle, warum das passiert", kommentierte auf X der populäre Account iamvinicius_snr.

Aufs Geld aufpassen

Entsprechende Paragrafen zum Schutz der Währungswürde befanden sich bis zum Jahr 2010 noch in den Gesetzen einiger EU-Staaten. Und in den USA gilt das Verbot weiterhin, Hip-Hop-Stars wie Da Baby werden aber nicht für das Verbrennen von Dollarnoten in ihren Videos belangt. Auch in Australien, Singapur oder Kanada finden sich entsprechende Vorschriften, die Vorsicht beim Umgang mit der Landeswährung verlangen. Ob man die Scheine nun besitzt oder nicht.

Nun könnte man meinen, dass die klagende Agentur gegen Finanzkriminalität (EFCC) in Lagos wichtigere Aufgaben haben könnte als Ermittlungen gegen die Influencerin – schließlich wurden dem Land seit Nigerias Unabhängigkeit weit über 600 Milliarden Dollar aus den Staatskassen geklaut. Zumal die Anwendung des Paragrafen in dem westafrikanischen Land noch absurder anmutet.

Denn dort ist es weitverbreitet, bei Hochzeiten Geld über das Paar zu streuen. Das Ritual lässt sich mehrere Jahrhunderte zurückverfolgen, als Gehäuse von Kaurischnecken als Zahlungsmittel zum Einsatz kamen – und bei Eheschließungen. Sie hatten dabei durchaus auch spirituelle Bedeutung, sollten den Frischvermählten Glück bringen. Als die Briten im Jahr 1912 gegen große Widerstände in ihrer damaligen Kolonie Nigeria Banknoten und Münzen einführten, wurde auch bei Hochzeiten die "Währung" umgestellt.

Geld aus der Druckluftpistole

Ein reines Statussymbol ist "Spraying" also nicht – wenngleich sich dieser Eindruck durchaus aufdrängen kann. So machte neulich Emeka Okonkwo, ein Investor mit dem vertrauenserweckenden Spitznamen Dr. E-Money, auf sich aufmerksam, als er bei einer Promi-Hochzeit hunderte Scheine mit einer Art Druckluftpistole in Richtung Braut feuerte. Mehr Glück geht nicht.

Auch Muhammadu Buhari, der bis vor einem Jahr Nigerias Präsident war, darf auf eine frohe Zukunft seiner Tochter hoffen. Schließlich steuerte auch sie bei ihrer Hochzeit mit Naira-Scheinen bedeckt in den Hafen der Ehe. Mit Ermittlungen gegen die "Täter" hielten sich die Behörden zurück. (Christian Putsch, 16.4.2024)